Trotz Maschinenrichtlinie und Produkthaftungsgesetz wird die technische Dokumentation von vielen Firmen noch sehr Stiefmütterlich behandelt. Zwar wissen die meisten, daß sie an Ihrem Produkt eine CE - Kennzeichnung anbringen müssen (sofern das Produkt unter die entsprechende Richtlinie fällt) - was aber alles zur technischen Dokumentation gehört und wie diese auszusehen hat, liegt scheinbar im Ermessen des Erstellers.

Dabei gibt es ganz klare Richtlinien bezüglich des WAS und WIE der technischen Dokumentation. Diese Richtlinien besagen auch, daß eine fehlende oder auch nur fehlerhafte Dokumentation (Produktbegleitend) einem Gerätemangel gleichkommt und der Kunde in diesem Falle Anspruch auf Nachbesserung, Kaufpreisminderung, Wandlung (Rückgängigmachen des Kaufes) oder sogar Schadensersatz wegen Nichterfüllung hat. Diese zuvor genannten Ansprüche erwachsem dem Kunden allein durch die Maschinenrichtlinie und beziehen sich nur auf das "Inverkehrbringen" Sollte aufgrund eines Gerätemangels ein Schaden entstanden sein (an Sache(n) oder gar Person(en), fällt dies unter die Zuständigkeit des "Produkthaftungsgesetzes" bzw. des BGB. Ebenso wie bei der Maschinen Richtlinie, gilt auch hier eine fehlende oder fehlerhafte Dokumentation als Gerätemangel.
Eine korrekte, völlständige technische Dokumentation trägt zum einen dazu bei, Schäden durch fehlerhafte Montage bzw. Installation, Fehlbedienung, fehlerhafter Wartung, ... zu vermeiden zum anderen ist sie nicht selten unerläßlich, wenn es in einem Schadenfall darum geht, zu belegen, daß bei Konstruktion, Produktion und Instruktion, der zu dieser Zeit erkennbare und ermittelbare Stand der Technik eingehalten wurde und der Schaden nicht auf ein fehlerhaftes Produkt zurück zu führen ist.
Da die Verursachung eines Schadens durch ein Produkt oft nicht nur mit Schadensersatz sondern auch mit einem beachtlichen Imageverlust verbunden ist, sollte der technischen Dokumentation der Stellenwert zukommen, der ihr aufgrund ihrer Relevanz - gerade im Bezug auf Gerätemangel, Instruktionsfehler usw. zusteht.


Nachdem bezüglich technischer Dokumentation bei vielen Firmen noch einige Fragezeichen im Raum stehen, haben wir im folgenden häufige Fragen zur technischen Dokumentation und unsere erfahrungsgestützte Antworten aufgelistet. Sofern Ihre Frage nicht dabei ist, scheuen Sie sich bitte nicht mit uns Kontakt aufzunehmen.

Wodurch unterscheidet sich die am 29.12.2009 in Kraft getretene neue Maschinenrichtlinie 2006/42/EG von der bisherigen 98/37/EG?

was gehört eigentlich alles zur technischen Dokumentation?

Wann sollte die Risikobeurteilung (vorm. Gefahrenanalyse) durchgeführt werden?

Was muß alles in eine Betriebssanleitung?

Wer vergibt das CE - Zeichen
und welche Prüfungen werden durchgeführt?

Welche Produkte müssen mit dem CE - Zeichen versehen werden?


Wodurch unterscheidet sich die am 29.12.2009 in Kraft getretene neue Maschinenrichtlinie 2006/42/EG von der bisherigen 98/37/EG? nach oben
  • Die neue MRL spezifiziert in Anhang VII nun genau was zur internen technischen Dokumentation gehört.
  • "Bestimmungsgemäße Verwendung" wird nun genau definiert.
  • Nun auch Berücksichtigung der Lebensphase "Transport" erforderlich.
  • Kennzeichnungspflicht der Originalbetriebsanleitung und der Übersetzungen.
  • "Vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendungen" müssen nun in der BA behandelt werden.
  • Konformitätserklärung muss nun die genaue Typenbezeichnung sowie Seriennummern(bereich) enthalten.
  • Konformitätserklärung muss - zumindest inhaltlich - auch in der BA abgedruckt werden.
  • Das Anbringen von Kennzeichnungen die mit dem CE-Zeichen verwechselt werden könnten ist verboten (ChineseExport)
  • Klare Einbeziehung der unvollständigen Maschinen (vorm. Teilmaschinen)
  • Forderung nach Montageanleitung für unvollständige Maschinen
  • spezielle technische Unterlagen für unvollständige Maschinen
  • Einbauerklärung statt Herstellererklärung
  • nun klare Abgrenzung zur Niederspannungsrichtlinie -> ein Produkt fällt entweder unter die MRL ODER die Niederspannungsrichtlinie
  • Forderung nach Angabe eines Dokumentationsbevollmächtigten in der Konformitäts- bzw Einbauerklärung
  • Zusammenfassung aller Herstellerpflichten
  • Risikobeurteilung nach DIN EN ISO 14 121 statt Gefahrenanalyse nach DIN EN 1050
was gehört eigentlich alles zur technischen Dokumentation?
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Generell unterscheidet man zwei Arten von Dokumenten.
  1. die betriebsinternen
  2. die betriebsexternen
Zur Betriebsinternen Dokumentation gehören alle Unterlagen die:
  • interne Angelegenheiten des Betriebs regeln
  • sowie internes KnowHow beschreiben
    wie z.B.: Pflichtenheft, Konstruktionsunterlagen, Berechnungen, Risikobeurteilung, Werksnormen Fertigungsunterlagen, QS - Berichte, ...

Die betriebsexterne Dokumentation teilt sich nochmals in:

  • vertriebsnahe Dokumentation und
  • Benutzerinformation.
Zur Vertriebsnahen Dokumentation gehören z.B.: Prospekte, Kataloge, Datenblätter, Ersatzteillisten, ...
Zur Benutzerinformation gehören: Montage-, Bedienungs-, Wartungsanleitungen sowie die Hinweise auf dem Produkt.

Umfang und Einteilung der technischen Dokumentation regelt die
"VDI - RICHTLINIE 4500"
  
Wann sollte die Risikobeurteilung (vorm. Gefahrenanalyse) durchgeführt werden?
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Die Risikobeurteilung hat zum Ziel, zunächst alle möglicherweise von einem Produkt ausgehenden Gefährdungen zu ermitteln. Dann sollten Maßnahmen festgelegt werden, durch die sich die jeweiligen Gefährdungen möglichst ganz beseitigen lassen
Nachdem die Maßnahmen nicht selten konstruktive Änderungen oder das vorsehen eines entsprechenden Sicherheitsbauteils sind, ist der beste Zeitpunkt für eine effektive Risikobeurteilung gleich zu Beginn der Konstruktion und während der kompletten Konstruktionsphase hindurch. Auf diese Weise werden Gefährdungsstellen frühzeitig erkannt und können durch entsprechende konstruktive Ausführung minimiert oder gar komplett vermieden werden. Weniger Gefährdungsstellen bedeuten weniger Hinweise in der Betriebsanleitung und weniger Kennzeichnung am Objekt selbst.
Mit jeder vermiedenen Gefährdungsstelle wird die Betriebsanleitung schlanker.
Natürlich läßt sich die Risikobeurteilung auch durchführen, wenn die Konstruktionsphase bereits abgeschlossen ist oder das Produkt womöglich bereits produziert ist. Dann kann es aber sein, daß zwischen einer Konstruktionsänderung oder dem Nachrüsten mit einem entsprechenden Sicherheitsbauteil entschieden werden muß. Beide Möglichkeiten werden aber wahrscheinlich teurer als Maßnahmen die aufgrund der rechtzeitigen Risikobeurteilung bereits in der Konstruktionsphase vorgesehen werden. Sollten sich bestimmte Gefährdungsstellen nicht vermeiden lassen, so ist es die Aufgabe der Risikobeurteilung die Unfallgefahr bzw. das Restrisiko einer solche Stelle durch entsprechende Maßnahmen soweit wie möglich zu reduzieren.

Zusammenfassend lässt sich sagen, je früher innerhalb des Entwicklungsprozesses mit der Risikobeurteilung begonnen wird, desto wirtschaftlicher lassen sich Maßnahmen zur Minderung oder gar Vermeidung von Gefährdungsstellen umsetzen.
   
Was muß alles in eine Betriebsanleitung?
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Die Angaben sollten Zielgruppenorientiert (welche Schulbildung, berufliche Qualifikation hat der Leser) verfasst sein. Die Anleitung selbst sollte im Hinblick auf die Bedingungen unter denen sie verwendet wird (wird sie nur wenige Male studiert oder dient sie einer ganzen Benutzergruppe als Referenzhandbuch? Wie wahrscheinlich ist es, daß die Anleitung in unmittelbarer Maschinen-Nähe studiert wird und deshalb mit Staub, Wasser, Öl, ... in Verbindung kommt?) ausgeführt und optimiert sein.
Folgende Angaben, Hinweise und Anleitungen sind erforderlich. Die Informationen können in einer einzigen Betriebsanleitung oder verteilt auf mehrere Teilanleitungen z.B. Installations-, Bedienungs-, Wartungsanleitung,... stehen.
  • genaue Produktinformationen
    Name und Anschrift des Herstellers, genaue Beschreibung des Produkts, technische Daten, Angaben zur bestimmungsgemäßen Verwendung, Auflistung des vorhersehbaren Mißbrauchs und Verbot desselben, Daten der vom Gerät ausgehenden Belästigungen (Staub, Lärm, Strahlung, Gase,...), Unterlagen zu elektrischer, und - oder pneumatischer und - oder hydraulischer Ausrüstung.
  • Sicherheitshinweise
    Auflistung aller Produkt- und Anwendungsbezogenen Sicherheitsvorschriften, Angaben zur notwendigen Qualifikation und Zugangsberechtigung des Bedien- und Wartungspersonals , Differenzierung nach Personen-, Sach-und Umweltgefahren, Erläuterung der in der Anleitung verwandten Gefahrensymbole.
  • Informationen zu Transport und Aufstellung
    Lagerbedingungen, Angaben über Maße, Gewichte, Schwerpunktslage, Angaben zur Handhabung.
  • Informationen zur Inbetriebnahme
    Anforderung an Befestigung, Verankerung und Vibrationsdämpfung, Angaben zum Platzbedarf für Installation, Betrieb und Instandhaltung, Angaben zu Aufbau und Montage, Anschlußanforderungen, Angabe der zulässigen Umgebungsbedingungen.
  • Informationen zum Betrieb
    Beschreibung der Arbeitsplätze, Einstell- und Bedienelemente, Anleitung für Einstell- und Einrichtarbeiten, Angaben zu Bedingungen und Mittel zum ausschalten, Sicherheitshinweise zu Betriebsbedingten Gefahren und Angaben wie diese minimiert werden können, Angaben zu erforderlichen Schutzausrüstungen.
  • Angaben zur Erkennung und Beseitigung von Störungen
    Beschreibung der Signaleinrichtungen, Anleitung zur Störungsbeseitigung, Zuordnung von Störungen und hierfür erforderliches Fachpersonal.
  • Information zu Wartung und Instandhaltung
    Angaben zu Art und Häufigkeit bestimmter Wartungsarbeiten, Angaben zu Schmierstellen und erlaubten Schmierstoffen, Anleitung für Instandhaltungsarbeiten. Zuordnung bestimmter Arbeiten zu erforderlichem Fachpersonal, Reinigungshinweise und erlaubte Reinigungsmittel.
  • Informationen zu Außerbetriebnahme, Abbau und Entsorgung
    Anleitung zur Außerbetriebnahme und Abbau, Auflistung der verwandten Materialien und Hinweis auf entsprechende Entsorgung.
  • Normenrecherche
  • Koformitätserklärung
  
Wer vergibt das CE - Zeichen und welche Prüfungen werden durchgeführt?
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Entgegen der, vor allem bei vielen Endkunden vorherschenden Meinung, das CE - Zeichen sei ein Prüfsiegel und vergleichbar mit z.B. dem "GS - Siegel" handelt es sich beim CE - Zeichen nicht um ein Prüfsiegel das von einer neutralen Stelle nach entsprechender Prüfung vergeben wird. Das CE - Zeichen, wird von Hersteller selbst aufgebracht. In Verbindung mit der zugehörigen Konformitätserklärung, erklärt der Hersteller durch das Aufbringen des Zeichens, daß das Produkt in vollem Umfang den Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen der Maschinenrichtlinie entspricht und alle, in der Konformitätserklärung aufgelisteten Normen eingehalten wurden.
Für bestimmte Maschinen sieht die Maschinenrichtlinie spezielle Konformitätsbewertungsverfahren vor. Von diesen Maschinen geht erfahrungsgemäß auch bei bestimmungsgemäßer Verwendung ein erhöhtes Risiko aus. Diese Maschinen werden in der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG im Anhnag IV aufgeführt. Typische "Anhang IV - Maschinen" sind z.B.

- "Abrichthobelmaschinen mit Handvorschub für die Holzbearbeitung" oder
- "Handkettensägen für die Holzbearbeitung".

Je nachdem ob die "Anhang IV - Maschine" nach harmoniserten Normen ausgeführt wurde oder nicht, sieht die Maschinenrichtlinie in Artikel 12 unterschiedliche Konformitätsbewertungs-verfahren vor. Diese sind:

- interne Fertigungskontrolle
- EG-Baumusterprüfverfahren
- umfassenden Qualitätssicherung.

Beim in der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG in Anhang IX beschriebenen Baumusterprüfverfahren prüft und bescheinigt eine sogenannte "benannte Stelle" (z.B. TÜV) dass das vom Hersteller bereitgestellte repräsentative Muster einer entsprechenden "Anhang IV - Maschine" den Bestimmungen der Maschinenrichtlinie entspricht.

Bei der in der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG in Anhang X beschriebenen umfassenden Qualitätssicherung wird das vom Hersteller eingesetzte Verfahren von einer sogenannten "benannte Stelle" (z.B. TÜV) bewertet, zugelassen und die Anwendung desselben überwacht.

Innerhalb der EU dürfen nur noch Maschinen die gemäß Konformitätserklärung und CE - Zeichen als "sichere Maschinen" gelten, Inverkehr gebracht werden.

Welche Produkte müssen mit dem CE - Zeichen versehen werden?
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Folgende Richtlinien erfordern die Kennzeichnung mit dem CE - Zeichen

2006/42/EG (vorm. 98/37/EG)
Maschinen

2004/108/EG (vorm. 89/336/EWG)
Elektromagnetische Verträglichkeit

2006/95/EG (vorm. 73/23/EWG)
Elektrische Betriebsmittel (Niederspannungsrichtlinie)

2009/105/EG (vorm. 87/404/EWG)
Einfache Druckbehälter

2009/142/EG (90/396/EWG)
Gasverbrauchseinrichtungen

89/686/EWG
Persönliche Schutzausrüstungen

88/378/EWG (ab 20.07.2011: 2009/48/EG)
Spielzeug

90/385/EWG + Änderungsrichtlinie 2007/47/EG
Aktive implantierbare medizinische Geräte

93/42/EWG + Änderungsrichtlinie 2007/47/EG
Medizinprodukte

89/106/EWG
Bauprodukte

1999/5/EG
Funkanlagen und Telekommunikations-Endeinrichtungen

92/42/EWG
Mit flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen beschickte neue Warmwasserheizkessel

2009/23/EG (vorm. 90/384/EWG)
NichtselbsttätigeWaagen

94/25/EG + Änderungsrichtlinie 2003/44/EG
Sportboote

93/15/EWG
Explosivstoffe für zivile Zwecke

94/9EG
Geräte und Schutzsysteme in EX-Bereichen (Atex-Richtlinie)

95/16/EG
Aufzüge

96/57/EG
Energieeffizienz von elektrischen Haushaltskühl- und -gefriergeräten

97/23/EG
Druckgeräte

2000/9/EG
Seilbahnen für Personenverkehr

98/79/EG
In-vitro Diagnostika

Falls Sie nicht sicher sind, ob Ihr neues Projekt unter eine der genannten Richtlinien fällt, sollten Sie mit uns Kontakt aufnehmen. Anhand eines Fragenkataloges lässt sich eine mögliche Relevanz einer der Richtlininen feststellen.

Wie oben bereits erwähnt, basieren die Antworten auf unseren Erfahrungen. Sie erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Falls Ihre Frage nicht dabei war, können Sie uns diese gern per mail zusenden.